Wolfgang Maus Im Europäischen Parlament wird aktuell darüber diskutiert, ein Grundrecht für angemessenen Wohnraum als grundlegendes Menschenrecht zu formulieren, welches Eingang in die nationalen Rechtsvorschriften finden soll.
Zur Daseinsvorsorge gehört die Versorgung mit sauberem Trinkwasser, eine funktionierende Sanitärversorgung mit ordnungsgemäßer Abwasserbeseitigung, die Nutzung einer nachhaltigen Energie sowie die Gewährleistung von Wohnraum, dessen Kosten unter 40 % des verfügbaren Einkommens liegen muss. Erst die Summe aller Kriterien, so die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21. Januar 2021, definieren das Grundrecht auf angemessenen Wohnraum.
Manche von uns werden sich da etwas entspannt zurücklehnen, halten sie doch in unseren Breiten diese Forderungen für erfüllt. Allerdings gilt für den gesamten Rhein-Sieg-Kreis und auch für Neunkirchen-Seelscheid, dass bezahlbarer bzw. sozial geförderter Wohnraum fehlt, auch wenn in den letzten Jahren mehr Mietwohnraum, aber eben meist nur hochpreisig, entstanden ist.
Mehrfamilienhaus im Bau (Theodor-Körner-Straße), Foto: W.Maus
In der gesamten EU stiegen zwischen 2017 und 2020 die Preise für Wohnimmobilien jährlich um ca. 5 %, wo hingegen das verfügbare Einkommen nicht im gleichen Umfang gestiegen ist.
Das auf Betreiben der SPD-Fraktion vom Rat verabschiedete Wohnungspolitische Handlungskonzept zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in der Gemeinde will hier gegensteuern, erfährt allerdings in Bebauungsplänen eine eher halbherzige Umsetzung. Dabei „vertragen“ Bebauungspläne durchaus die zusätzliche Festsetzung von z.B. zweigeschossigen Mehrfamilienhäusern, ohne wie Fremdkörper im Plangefüge zu wirken.
Zur nach wie vor starken Nachfrage im ländlichen Raum nach Einfamilienhausgrundstücken, muss kritisch angemerkt werden, dass der Einfamilienhausbau was Flächenverbrauch und Energiebilanz belangt, nicht unkritisch betrachtet werden darf. Der Wunsch junger Paare nach einem Eigenheim auf möglichst großem Grundstück ist zwar verständlich. Im Alter allerdings werden große Grundstücke zudem zu einer körperlichen Herausforderung. Leerstand nach Umzug der Eigentümer in eine Pflegeinrichtung ist häufig die Folge. Manche Bürgermeister loben inzwischen Prämien aus, um auswärtige Familien für eine Nachnutzung zu gewinnen. Auch in unserer Gemeinde muss der nachhaltige Umgang mit Bauflächen und energiesparsames Bauen höchste Priorität haben. Hierzu werden auch entsprechende Vorgaben in der geplanten Reform des Baugesetzbuches erwartet.
Aber es muss ja nicht gleich das Beispiel von Hamburg-Nord verpflichtend werden, wo der grüne Bezirksamtschef durchgesetzt hat, dass in Bebauungsplänen überhaupt keine Einfamilienhäuser mehr zugelassen werden dürfen.