Sozialarbeiter/-innen sind keine Versicherungsvertreter!

Veröffentlicht am 01.04.2010 in Kommunalpolitik

Rhein-Sieg-Kreis

Aktuelles zum Ratsbürgerentscheid A B S C H R I F T

Schreiben des Landrates des Rhein-Sieg-Kreises an den Präsidenten der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) NRW vom 26.03.2010

  • GPA-Bericht Wirtschaftlichkeitsvergleich Eigenes Jugendamt/Kreisjugendamt für die Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid

Sehr geehrter Herr Haßenkamp, (persönlich!) in diesen Tagen ist uns von politischen Mandatsträgern der oben genannte Bericht zugegangen, dessen Inhalte fachlich bedenklich sind. Der Bericht ist uns weder von Ihrem Haus offiziell zugeleitet worden noch mit uns fachlich inhaltlich erarbeitet worden. Dieses Verfahren sowohl im Umgang als auch bei der inhaltlichen Erstellung irritiert uns in hohem Maße. Dem Gutachten liegt zugrunde, dass die Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid im Jahr 2008 die Gemeindeprüfungsanstalt beauftragt hat, zu prüfen, inwieweit die Einrichtung eines eigenen Jugendamts wirtschaftlicher wäre als der Verbleib im Kreisjugendamt. Das Gutachten basierte auf Zahlen aus den Jahren 2006 und 2007 sowie auf einer Hochrechnung für das Jahr 2008. Am 29.07.2008 fand ein erstes Gespräch zwischen der Gemeinde, der Gemeindeprüfungsanstalt und dem Kreisjugendamt statt. In der Folgezeit wurden der Gemeindeprüfungsanstalt seitens des Kreisjugendamts und der Kämmerei Daten zur Verfügung gestellt. Die Datenerhebung war im Oktober 2008 abgeschlossen. Sie basierte für 2008 daher nicht auf dem tatsächlichen Rechnungsergebnis, sondern auf Hochrechnung und Planungszahlen, da die Rechnungsergebnisse noch nicht feststanden. Zunächst war uns seitens Ihres Hauses zugesagt worden, dass es nach Erstellung eines Gutachtenentwurfs nochmals ein gemeinsames Gespräch geben würde, in dem die Plausibilität des Entwurfs gemeinsam besprochen wurde. Hierzu kam es aber nicht. Auch in der Folgezeit erhielt das Kreisjugendamt den Bericht weder von der Gemeinde noch von der Gemeindeprüfungsanstalt. Erst vor einigen Wochen wurde das Gutachten dem Kreisjugendamt durch eine Fraktion des Gemeinderats zur Verfügung gestellt. Dies ist vor dem Hintergrund, dass es üblich ist, der Stelle, die die Daten zur Verfügung stellt, auch das Gutachten zur Verfügung zu stellen, bereits ein nicht korrektes Verhalten der Gemeindeprüfungsanstalt. Auch dass keine Plausibilitätsprüfung gemeinsam mit dem Kreisjugendamt mehr stattfand, stellt die Seriosität des Gutachtens erheblich in Frage. Zudem ist die Hochrechnung für 2008 eine ungeeignete Berechnungsgrundlage. Das Gutachten muss aus meiner Sicht aufgrund des vollständigen Jahresergebnisses überprüft werden. Dies haben die Gutachter zwar auch empfohlen, es ist aber nicht erfolgt. Das Gutachten enthält zudem falsche, nicht nachvollziehbare und fachlich zweifelhafte Aussagen. So geht das Gutachten davon aus, dass für den Betrieb des Jugendamtes ein Personalbedarf an 11 Stellen besteht und zwar ohne die beiden Mitarbeiter, die bereits jetzt in der gemeindeeigenen offenen Tür beschäftigt sind. Dennoch wurden diese Mitarbeiter als bereits vorhanden von dem ermittelten Personalbedarf abgezogen. Aussagen wie: Anfahrtswege zum Jugendamt entfallen für die Bürger (S. 47 des Gutachtens) sind im Hinblick darauf, dass das Jugendamt neben dem Rathaus Neunkirchen-Seelscheid untergebracht ist, quasi in einem Gebäudekomplex und dort wohl auch verbleiben soll, wenn die Gemeinde ein eigenes Jugendamt betreiben sollte, völlig unverständlich. Solche Aussagen zeugen von mangelnder Recherche und hätten in Gesprächen mit meinem Jugendamt ausgeräumt werden können. Die Empfehlung Spielgruppen auszubauen, da sie eine kostengünstigere Variante zu Kindertagesstätten sind, ist vor dem Hintergrund, dass das Land sich an der Finanzierung von Spielgruppen mit keinem Cent beteiligt, ebenfalls nicht nachvollziehbar. Das Kreisjugendamt hat bis auf eine alle vorhandenen Spielgruppen, die es bisher finanziert hat, in die Kindergartenfinanzierung überführt und dadurch erhebliche Mittel eingespart. Auch die Aussage, die Gemeinde könne bisher ortsnahe Angebote entwickeln, ist unzutreffend. Soweit dies Sinn macht, sind solche Angebote bereits entwickelt worden, so mit dem Träger Hollenberg. Teils können Kinder und Jugendliche aber auch nur ortsfremd untergebracht werden entweder, weil sie aufgrund ihres Störungsbilds eine ganz besondere Einrichtung brauchen oder weil sie aus ihrem Umfeld wegen schädlicher Einflussnahme herausgelöst werden sollen. Dies ist ein für Jugendämter übliches Verfahren, das auch der Gemeindeprüfungsanstalt bekannt sein müsste. Auch die Aussage, es sei kein hinreichender Ausbau der ambulanten Hilfen zur Vermeidung von Heimunterbringungen erfolgt, ist nicht zutreffend. Dies mag so scheinen, wenn man wie das Gutachten nur die Jahre 2006 bis 2008 betrachtet. Der massive Ausbau der ambulanten Hilfen seit 2004 war aber 2006 bereits weitgehend abgeschlossen, so dass diese Aussage, die suggeriert, dass es hier noch ein Einsparpotential gibt, falsch ist. Insgesamt liegt das Verhältnis der ambulanten zu den stationären Hilfen bei etwa 60 %, was nach den früheren Angaben der Gemeindeprüfungsanstalt ein sehr guter Wert ist. Die Vorstellung, den „workflow“ durch den Einsatz von notebooks bei Hilfeplangesprächen zu erhöhen, ist fachlich mehr als fraglich, da hier allein durch den Einsatz des notebooks eine Distanz geschaffen wird, die eine vertrauensvolle Arbeit mit den Familien behindert. Sozialarbeiter/-innen sind schließlich keine Versicherungsvertreter. Dies sind nur einige wenige fachliche Anmerkungen zu dem uns immer noch nicht offiziell vorliegenden Gutachten Ihres Hauses. Ich halte diese Vorgehensweise der Erstellung von Gutachten, die das partnerschaftliche Miteinander innerhalb der kommunalen Familie tangiert, für nicht tragbar. Hinzu kommt eine nicht unbedeutende politische Dimension Ihres Gutachtens: Am 09.05.2010 ist ein Ratsbürgerentscheid in der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid geplant, mit dem die Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen sollen, ob die Gemeinde die Stadtrechte beantragen soll. Verbunden ist diese Fragestellung mit dem Ziel, ein eigenes Jugendamt einrichten zu wollen. Dabei stützen sich die Befürworter für ein eigenes Jugendamt vor allem auf die durch Ihr Gutachten suggerierten möglichen Einsparungen. Mit anderen Worten: Die Bürgerinnen und Bürger sollen sich auf der Grundlage eines fachlich fraglichen Gutachtens entscheiden. In der Gemeinde wird nämlich behauptet: Die Gemeindeprüfungsanstalt hat errechnet, dass Neunkirchen-Seelscheid bei der Errichtung eines eigenen Jugendamts 700.000 € sparen würde. Diese Zahl ist falsch, ebenso wie die dieser Berechnung zugrunde gelegten Fakten. Bislang sind diese Aussagen öffentlich nicht korrigiert worden, was dazu führt, dass die Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage von fraglichen Fakten entscheiden müssen. Wegen des nahe stehenden Termins des Ratsbürgerentscheids darf ich Sie um eine zeitnahe Stellungnahme und um Aufklärung dieses nicht tragbaren Umgangs mit dem Rhein-Sieg-Kreis bitten. Mit freundlichen Grüßen gez. Kühn

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