Das Stadtgespräch

Veröffentlicht am 11.12.2008 in Kommunalpolitik
Luftaufnahme NKS

2007 hat die CDU/FDP-Landesregierung - gegen erhebliche Widerstände - die Gemeindeordnung geändert und seither können Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern „Stadtrechte“ beantragen. Dem vermeintlichen Gewinn an kommunaler Selbstverwaltung stehen jedoch auch finanzielle Risiken gegenüber.

Neunkirchen-Seelscheid mit zurzeit 20.826 Einwohnern scheidet aus der Solidargemeinschaft „Kreisjugendamt“ aus, übernimmt vom Rhein-Sieg-Kreis u.a. Aufgaben der Bauaufsicht, der Verkehrssicherheit/-lenkung und richtet ein Rechnungsprüfungsamt ein.

Zur Aufgabenbewältigung benötigt die Stadtverwaltung zusätzliches Personal. Der vom Bürgermeister angestrebte Weg verursacht deshalb auf Dauer und in erheblichem Umfang Personal- und Sachkosten sowie Kosten für institutionelle Förderungen. Andererseits hat der Bürgermeister die dem Innenministerium unterstellte Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) vorrechnen lassen, dass die Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid im Jahre 2008 einen Betrag von 700.000 EUR durch Wegfall der Kreisjugendamtsumlage hätte sparen können.

Unberücksichtigt blieben dabei Kosten, die die übrigen Aufgabenbereiche verursachen. Und das Jahr 2008 ist nicht relevant, sondern das Jahr 2011, in dem Neunkirchen-Seelscheid frühestens Stadt werden könnte. „Auslöser“ des Untersuchungsauftrages an die GPA war ein im November 2007 von den Leiterinnen unserer Kindertagesstätten unterschriebenes Schriftstück. Was steckt dahinter?

Am 01.08.2008 trat das sog. „Kinderbildungsgesetz (KiBiz)“ als Ausführungsgesetz zum Achten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VIII) in NRW in Kraft, das für alle Träger von Kindertagesstätten den Verwaltungsaufwand erhöht, hohe Managementanforderungen stellt und erhebliche Risiken auf die Träger verlagert bzw. sogar den Fortbestand von Kindergärten gefährdet.

Darüber hinaus führen die mangelhaften Regelungen dieses Gesetzes zu einer Mehrbelastung der kommunalen Haushalte. Erst Mitte dieses Jahres hat der CDU-Bürgermeister von Siegburg gegen dieses Gesetz protestiert und Nachbesserungen vom Gesetzgeber gefordert. Die zusätzliche Belastung der Stadt Siegburg (mit eigenem Jugendamt) durch dieses Gesetz wurde mit 600.000 EUR im ersten Jahr beziffert. Die SPD-Kreistagsfraktion hat den Landrat aufgefordert, den acht vom Kreisjugendamt betreuten Kommunen – darunter auch Neunkirchen-Seelscheid – bei Kindergärtenplätzen völlige Beitragsfreiheit bei unteren Einkommen bis 24.500 EUR zu gewähren. Außerdem sollte nach unserer Meinung das letzte Kindergartenjahr unabhängig vom Einkommen beitragsfrei sein, wenn ein Kind zuvor mindestens ein Jahr im Kindergarten war.

Der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises sollte nicht ständig auf das Land als zuständigen Geldgeber verweisen und derweil nichts tun, sondern mit Einnahmen des Kreises die Beitragsfreiheit herstellen. Rheinland-Pfalz schafft übrigens als erstes Bundesland mit den Stimmen der dort oppositionellen CDU bis 2010 schrittweise Kindergartenbeiträge komplett ab! In Nordrhein-Westfalen entscheidet dagegen die finanzielle Situation der Kommunen über die Höhe der Kindergartenbeiträge.

Nach der systemischen Umstellung auf die kaufmännische Haushaltsführung wird sich die wahre Haushaltssituation der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid in aller Deutlichkeit wieder im Jahr 2011 zeigen, die bereits heute Ausgabendisziplin erfordert!

Ein Jugendamt hat u.a. auch Kosten für Erziehungshilfe, Familienförderung, Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Inobhutnahme sowie Vormundschaften zu tragen. Diese Kosten wurden von der GPA zwar als mögliche Risiken benannt, blieben aber bei den Berechnungen – weil nicht quantifizierbar - außen vor.

Im Fazit der GPA „bringt die Einrichtung eines eigenen Jugendamtes nur dann Vorteile, wenn ein auf Neunkirchen-Seelscheid ausgerichtetes Jugendhilfekonzept mit einer restriktiven Ausgabensteuerung verbunden ist.“ Möglicherweise hatten die Träger unserer Kindertagesstätten vor einem Jahr eine andere Erwartungshaltung.

Aufgrund der finanziellen Situation der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid und mit Blick auf steigenden Zuschussbedarf im Bereich Jugendhilfe auch bei rückläufigen Kinderzahlen sind die Beantragung der Stadtrechte und der Ausstieg aus der Solidargemeinschaft „Kreisjugendamt“ nicht zu verantworten.

Ulrich Galinsky
Vorsitzender SPD Neunkirchen-Seelscheid

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