Peter Schmitz (Ratssitzung am 07. März 2007 - Haushaltsrede von Peter Schmitz)
Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
wir stimmen heute über einen Haushaltsplan der Gemeinde ab, in dem noch nicht einmal die schlechten Fehlbedarfs-Prognosedaten des Nothaushaltes 2006 eingehalten werden.
Die erst jetzt wieder mögliche Streckung und Neuaufteilung von zwingenden, unabänderbaren Ausgaben bis zum Jahr 2016 und insbesondere die Veranschlagungstricks in den Folgejahren machten es dem Bürgermeister möglich, dass nicht mehr – wie bisher - von einem Nothaushalt geredet wird, sondern ein Haushaltssicherungskonzept vorgelegt werden konnte.
Damit stimmen wir über eine Haushaltsplanung für die Jahre 2007 bis 2011 und eine fortgeschriebene Finanzplanung bis 2016 ab, in denen es von Wünschen und Hoffnungen nur so wimmelt. Man braucht kein Prophet zu sein, um jetzt schon zu wissen, dass diese Ansätze nicht einzuhalten sein werden.
Der mehr schlecht als recht hin gerechnete Haushaltsausgleich für das Jahr 2016, der für ein HSK zwingend erforderlich ist, wird so nie und nimmer zu erzielen sein.
Leicht verbessert würde die finanzielle Lage unserer Gemeinde allerdings, wenn zumindest diesmal Investitionskürzungen in der Ortslage Neunkirchen vorgenommen würden, zu denen wir erneut deutlich raten. Aber dazu nachher noch mehr!
33,1 Mio. € sind im Verwaltungshaushalt an Ausgaben vorgesehen, die Einnahmen liegen aber nur bei 23,6 Mio. €.
Damit fehlen in 2007 insgesamt fast 10 Mio. €, die als so genannte Kassenkredite (im privaten Bereich würde man von Dispo-Überziehungskrediten sprechen) von den Banken geliehen werden müssen und für die weiter steigende Zinsen zu zahlen sein werden. Und um nach oben hin flexibel zu bleiben, haben Sie den Höchstbetrag der Kassenkredite im Jahr 2007 auch gleich mal auf 12 Mio. € festgesetzt.
Wann dieser fehlende Betrag tatsächlich getilgt sein wird, das steht - für mich jedenfalls – in den Sternen. Denn zusätzlich zu diesem Fehlbetrag sind auch noch die Kreditschulden in Höhe von über 19 Mio. € plus Zinsen zurück zu zahlen.
Tatsache ist, dass 2007 und ganz sicher auch in den weiteren Jahren die kompletten Tilgungs- und Zinszahlungen für die Darlehen und die Kassenkredite nur über erneute Kreditaufnahmen bezahlt werden können. Und auch hier braucht man keinen Propheten, um zu erkennen, dass der Kassenfehlbetrag in den Folgejahren weiter steigen wird.
Im HSK 2007 ist nachzulesen, dass sich die Pro-Kopf-Verschuldung auf 903,55 € verringert habe. Toll – aber das ist nur richtig, wenn man bei dieser Berechnung sowohl die Kassenkredite, wie auch die Werkeschulden komplett vergisst.
Der Kassenfehlbetrag liegt – und das auch nur, wenn es diesmal wirklich gut läuft – bei 9,5 Mio. €, die Kreditschulden liegen bei 19,3 Mio. €, und die Werkeschulden liegen bei 38 Mio. €
Damit beträgt Ende 2007 der Schuldenberg rd. 67 Mio. € und er wird auch bis Ende 2011 nicht niedriger geworden sein. Nicht 903,55 €, sondern 3.132 € hat damit jeder unserer Einwohnerinnen und Einwohner an Gemeindeschulden abzutragen. Dies – und das hatte ich schon im letzten Jahr deutlich angemerkt – ist das fast doppelt so viel ist, wie zu Beginn der "Ära Meng".
Beängstigend wird es, wenn wir über die weiteren Auswirkungen solch hoher Kredite nachdenken; denn katastrophal wird es, wenn die Zinsen nach Ablauf der Zinsbindung angehoben werden sollten.
Sollten die Zinsen im jetzt laufenden Jahr nur um 1 % steigen, so sind das nur für die Kassenkredite über 50.000 € mehr. Diese 50.000 € sind – wen wundert es – bewusst nicht veranschlagt. Toll, ja geradezu irre sind solche negativen Zahlen, wenn man bedenkt, dass wir Ratsmitglieder anlässlich unserer Haushaltsplanberatungen dann auch noch tapfer nach möglichen Einsparungen im 1.000-EURO-Bereich suchen.
Liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
die politisch wichtigste Vorgabe unseres Bürgermeisters und seiner CDU – so betonen es die Damen und Herren seit Jahren – lautet bei jeder Haushaltsrede immer wie neu: "Haushaltskonsolidierung"
Trotzdem hat die Verschuldung Jahr für Jahr zugenommen.
Und auch in 2007 stehen weitere Baumaßnahmen an, für deren Kosten und deren Folgekosten derzeit keine sicheren Kostenschätzungen vorliegen.
Tatsache ist, dass gegen unser Votum auch weiterhin eine viel zu teure Mensa für den Ganztagsbetrieb der Hauptschule geplant wird.
Die Gesamtbaukosten hierfür werden nach wie vor auf 1.833.130 € geschätzt, obwohl schon bei den letzten Ausschreibungen im Hochbaubereich mehr als deutliche Kostensteigerungen hinzunehmen waren.
Hinzurechnen sind die Unterhaltungskosten und auch die Erhaltungskosten. Zusätzlich müssen zukünftig auch noch die nicht unerheblichen Kosten für Verwaltung und Betrieb bezahlt werden.
Und auch Zinsen für Kredite werden für diesen Prachtbau aufzubringen sein. Nach diesen Zinsen hatte ich übrigens unseren Bürgermeister gefragt. Die uns schriftlich vorliegende Antwort lautet: Zitat: "Zinsaufwendungen fallen nur für 100.000 € an = 5.000 € im ersten Jahr, danach fallend." Zitatende - Ich weis zwar nicht, wie es Ihnen bei einer solchen Antwort geht – aber ich zumindest fühlte mich doch irgendwie gewaltig auf den Arm genommen.
Ich wage mal die vorsichtige Prognose, dass der Bau einschließlich der abzusehenden Kostensteigerungen insgesamt rd. 2,2 Mio. € kosten wird. Warum aber nur 5.000 € an Zinsen zu zahlen sein sollen, das bleibt sicherlich nicht nur mir schleierhaft.
Es mag ja sein, dass die "rechnerisch ausgewiesene" Netto-Neuverschuldung in 2007 trotz Mensa-Bau nicht steigt. Aber würde diese Mensa, die ja in Wirklichkeit ein neues Zentrum für Veranstaltungen in Neunkirchen werden soll, nicht gebaut, dann könnte schon in 2007 ein gewaltiger Teil der hierfür veranschlagten Beträge für die Schuldentilgung eingesetzt werden. Tatsache bleibt allerdings, dass für 2,2 Mio. € bei nur 5%iger Zinsbelastung jährlich 110.000 € an Zinsen zu zahlen sein werden.
Und auf unsere Frage nach den Betriebskosten für die Mensa erhielten wir die Antwort: Zitat "nicht so schnell einschätzbar, Schätzung Ing.-Büro 7.900 €." Zitatende
Herr Bürgermeister – ich frage Sie ernsthaft – sollen wir jetzt lachen oder weinen?
Denn wenn ich dann lese, dass der Betrieb der Sporthalle unserer Grundschule in Neunkirchen ausweislich unseres Haushaltsplanes schon satte 168.103 € kostet, dann wird diese Mensa nicht viel billiger zu betreiben sein.
Und auch wenn ich mich jetzt wiederhole: eine ausreichende Verpflegung im Schulbereich ist ganz sicher auch möglich, wenn die Gemeinde keinen kostenträchtigen Mensa-Bau realisiert.
Die derzeitige Verpflegung macht dies überdeutlich, niemand hat sich bisher beklagt.
Thema "Netto-Neu-Verschuldung -0-"
Um diese strikte Vorgabe auch in 2009 einhalten zu können, sollen für dann für 100.000 € Grundstücke verkauft werden. Nicht nur ich frage mich da ernsthaft, welche Grundstücke gibt es denn, die von der Gemeinde verkaufen werden könnten. Irgendwelche Sportplatzgrundstücke können es nicht sein, denn die sind schon zur Finanzierung von anderen Investitionsmaßnahmen reserviert.
Der Bau des Sportplatzes in Breitscheid ist gar nicht erst veranschlagt, weil er im Gemeindehaushalt unmöglich unterzubringen wäre. Das läuft dann demnächst bei den Gemeindewerken. Ich bin wirklich mal gespannt darauf, wie Bürgermeister und Werkevorstand das regeln werden.
Aber lassen Sie mich auch noch einen kurzen Blick auf die Unterhaltung unserer Straßen richten. Hierfür sind in 2007 bis 2009 jeweils 100.000 € vorgesehen. Diejenigen, die sich mit diesem Thema auskennen, werden mir bestätigen, dass hierfür nur "Flickschusterei" betrieben werden kann. Und für 2011 stehen für diese Art der Straßenunterhaltung dann nur noch lächerliche 50.000 € zur Verfügung.
Fragen Sie sich jetzt auch, wie solch niedrige Straßenunterhaltungskosten zu erklären sein könnten? Ich jedenfalls kann mir nur vorstellen, dass unser Bürgermeister irrigerweise davon ausgeht, dass bis 2010 unsere Gemeindestraßen so ausreichend grundsaniert und erneuert wurden, dass sie ab 2011 kaum mehr unterhalten werden müssen.
Aber würde man die Position "Straßenunterhaltung", wie es unzweifelhaft richtig wäre – auf jährlich mindestens 200.000 € anheben, dann wäre das Haushaltssicherungskonzept nicht mehr zu halten und wir würden uns weiterhin im Nothaushalt bewegen – und genau das wusste unser Bürgermeister mit diesen seinen Finanztricks zu verhindern.
Und schauen Sie sich bitte alle anderen Ausgabepositionen des Verwaltungshaushaltes für die Jahre 2008 bis 2011 doch einmal ganz genau an. Fast alle Ausgaben bleiben in fast allen Positionen gleich oder fallen sogar, obwohl davon nie und nimmer ausgegangen werden kann. Bei allen diesen Positionen werden wir in den weiteren Jahren eines Besseren belehrt.
Ich kann nur sagen, dass der uns vorgelegte Haushalt - ich sag's mal vorsichtig - schön-gerechnet wurde und vor Hoffnungen auf viele Wunder nur so strotzt!
Und dann gibt es auch immer noch den Wunsch des Bürgermeisters, ein Notstromaggregat für 16.000 € anzuschaffen. Die anderen Fraktionen gestehen es ihm zu. Da es aus unserer Sicht nicht brotnötig ist, bleiben wir bei unserem "Nein".
Aber es gibt trotz aller Kritik auch noch etwas Positives zu diesem Haushalt zu berichten:
Wir durften feststellen, dass die sarkastischen Anmerkungen in meiner letzten Haushaltsrede zu dem von uns beantragten und vom Bürgermeister und seiner CDU abgelehnten Schlauchboot für die Feuerwehr ganz offensichtlich Früchte getragen haben. Die Feuerwehr bekommt jetzt sogar zwei Schlauchboote (die zur Gesichtswahrung jetzt allerdings Rettungsboote genannt werden müssen) und muss nun bei ihren Einsätzen auf Gewässern auch nicht mehr auf ihr altes Surfbrett zurückgreifen. Nicht nur die Feuerwehr wird’s freuen.
Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
die SPD hat schon die Haushaltspläne 2001, 2002, 2003, 2004 und 2006 abgelehnt, weil auch diese Pläne deutlich gemacht haben, dass der Bürgermeister kein Verhältnis zum Geld hat. Mittlerweile müsste allen bekannt sein, dass die Zeche für den Schuldenberg unserer Gemeinde nicht nur wir, sondern insbesondere unsere Kinder und Kindeskinder bezahlen müssen.
Das vorliegende Haushaltssicherungskonzept kann von der SPD-Fraktion aus all den Gründen, die ich erläutert habe, nicht mitgetragen werden.
Meine Damen und Herren,
ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.